Kettwa - Städte und Dörfer im Kaadner Land (Ka)

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Kettwa a.d.Eger
1121 - heute
(Kolvina)

Nach den Schriften des Herrn Landesgerichtsrates Josef Stocklöw in Hohenfurt und mit
Unterstützung des Herrn Oberlehrers Johann Klingöhrl in Kettwa und des Herrn Professors Richard Müller in Dresden.
Mitgeteilt von Josef Hoßner.

Den Raum, wo du geboren bist,
Den halte hoch und wert !
Dein Glück und dein Gedeihen ist
Nur an der Heimat Herd.

                                                      Felix Dahn.

Geschichtliches.

Gegenüber der Ruine Schönburg, am rechten Ufer der Eger, begrenzt von den Gemeinden Roschwitz, Leskau, Spinnelsdorf, Grün, Humitz, Melk, Woslowitz, Tschirnitz und Klösterle, liegt die Gemeinde Kettwa. Sie bedeckt eine Fläche von 491 Hektar 68 Ar 12 Quadratmeter, wovon 10 Hektar 95 Ar 78 Quadratmeter auf Gemeindebesitz entfallen. Die halbe Eger mit einem Ausmaße von 8 Hektar 43 Ar 63 Quadratmeter ist öffentliches Gut, während der Tru- und der Geigenbach, soweit sie im Gemeindegebiete fließen, Eigentum der Gemeinde sind. Die bedeutendste Höhe ist der dicht bewaldete, zum Reviere Leskau gehörige Schwarzberg (674 Meter), der seinen Abhang dem Egertale zukehrt und von seinem mächtigen Rücken eine reizvolle und lohnende Aussicht bietet. Er besteht aus Basalt und enthält zwei Zwerglöcher. Südlich von Kettwa erhebt sich der Rabenstein zu 703 Meter Höhe, dessen in der Gemeinde liegender Teil den Namen Pragerhaus führt. Hier soll einst ein Schloß gestanden haben. Sein Besitzer übte die oberste Gerichtsbarkeit aus und auf dem Galgenberge stand noch vor Jahren eine rot angestrichene Säule, der Überrest des Galgens.
Den Schwarzberg und den Rabenstein scheidet das Tal des Tru- oder Merzdorfer Baches, der im Gemeindegebiete Kettwaerbach heißt. Dieser entspringt am Birkhübel, durchfließt die Orte Merzdorf, Grün und Kettwa und ergießt sich hier in die Eger. Man sieht es dem klaren Wasser, das in seinen Fluten muntere Forellen beherbergt, kaum an, daß es auch zerstörend auftreten könnte. Am 17.August 1860 war von früh an eine anhaltende, drückende Hitze, sodaß ein kommendes Gewitter vorauszusehen war. Um die 5. Stunde nachmittags fing es an zu donnern und trübe Wolken stiegen auf. Es dauerte gar nicht lange und der Himmel war schwarz bewölkt.
Man hörte vom weitem ein fürchterliches Brausen. Bald brach ein Hagelwetter los, das über eine halbe Stunde anhielt und alle Feldfrüchte vernichtete.
Durch den wolkenbruchartigen Regen schwoll der Ortsbach derart an, daß er nicht nur alle Talwege zerstörte, sondern auch die Schmiedbrücke und zwei Häuser wegriß. Im Hause Nr. 36 wohnte die Großmutter Haas mit 4 Enkeln. Ein im Hochwasser schwimmender Baumstamm verrammelte die Haustür; die Flut unterwusch das Haus und trug es fort, sodaß die 5 Personen ertranken und erst unweit von Kaaden in der Eger aufgefunden wurden. Das Haus Nr. 46 wurde ebenfalls von der Hochflut mitgenommen und ein Glück war es, daß sich die Bewohner, die Familie Eisenkolb, während des Gewitters in Warta befanden. Haus, Stall und die Ziege waren bei ihrer Rückkehr verschwunden. Auch das Haus Nr. 16, dem Wenzel Zirkler gehörig, war so stark unterwaschen worden, daß die Giebelmauer einstürzte. Dieses Unwetter umfaßte eine große Strecke des Landes, u. zw. den ganzen Strich des Erzgebirges bis zum Mittelgebirge.
Kettwa bildet seit dem Jahre 1876 eine selbständige Gemeinde. Früher war es eine Ortsgemeinde der Stadtgemeinde Klösterle. Als Ortsrichter, bzw. Ortsvorsteher werden genannt: Josef Kilian Nr. 4 (Ende der 30 er Jahre durch 12 Jahre hindurch), Josef Höll Nr. 5, Karl Frisch Nr. 10, Wenzel Kilian Nr. 15 (im Jahre 1859), Wenzel Rollinger Nr. 22, Franz Frisch Nr. 28, Josef Ott Nr. 9, Josef Höll Nr. 5, Wenzel Rollinger jun.Nr. 22 (1870 - 1872), Wenzel Kilian Nr. 4 (von 1873 - 1875). Als Gemeindevorsteher: Johann Unger Nr. 14 (1876 - 1882), Wenzel KilianNr. 4 (1882 - 1885), Josef Gamisch Nr. 22 (1886 - 88), Karl Frisch Nr. 10 (1889 - 94), Franz Moritz Nr. 9 (1895 - 1900), Josef Hergl Nr. 26 (1901 - 1909), Anton Löffler Nr. 44 ( 1910 bis heute).

Kettwa gehört zur Pfarre Klösterle, welche auch die Erteilung des Religionsunterrichtes in der Ortsschule besorgt. Seit dem Jahre 1898 besteht eine freiwillige Feuerwehr, deren Hauptmann seit der Gründung Anton Löffler Nr. 44 ist. Die Ruralpost (von Klösterle) wurde am 1. Dezember 1892 eingeführt.
Die Bewohner von Kettwa betreiben Landwirtschaft, Wald- und Fabriksarbeit. Nach den statistischen Tafeln vom Jahre 1863 hatte die Gemeinde Kettwa ein Ausmaß von 854 Joch 480 Quadratklafter. Auf die Domäne Klösterle entfielen hiervon 303 Joch 1055 Quadratklafter, wovon 373 Joch 585 Quadratklafter Wald waren. Es wohnten in 46 Häusern 246 Einwohner, und zwar 110 männliche und 136 weibliche. Kettwa baute 291 Metzen Weizen (1746 fl.), 598 Metzen Korn (2392 fl.), 335 Metzen Gerste (1105 fl.), 150 Metzen Hafer (315 fl.), 300 Metzen Kartoffeln (330 fl.), 1060 Zentner Heu und Klee (2120 fl.) und erzeugte 700 Zentner Stroh (700 fl.), 120 Eimer Milch (480 fl.), 3 Zentner Butter (150 fl.), 1 Zentner Käse und Quark (20 fl.); es besaß 4084 Obstbäume, die 260 Metzen Obst (650 fl.) lieferten und fing 2 Zentner Fische (21 fl.). Die Gemeindejagd war um 14 fl. 60 kr. an die Herrschaft Klösterle verpachtet. Die Mühle erzeugte 700 Zentner Mehl (2800 fl.).
Nach dem Erbbuche vom Jahre 1572 waren in Kettwa drei Teiche: der Eger-, der Damm- und der Sahrerteich. Gegenwärtig bestehen an kleinen Teichen: der Rollinger-, der Brückner-, der Gamisch- und der Kilianteich.
Die herrschende Gebirgsart ist der Basalt, lagernd auf Granulit, dessen Terrasse vom Bach durchbrochen ist und im Unterlaufe des Baches eine höchst romantische Felsenschlucht bildet, die dem berühmten Maler Richard Müller, Professor an der königlichen Akademie für bildende Künste in Dresden, als Vorlage zu vielen seiner Bilder diente. Nicht minder reizend sind die steilen Granulitfelsen am linken Egerufer.
Die übrige Bodenfläche ist zumeist fruchtbares Acker- und Wiesenland. Alle Getreidearten und Futterpflanzen werden angebaut und die Obstbaumzucht erfreut sich einer eifrigen Pflege. Das Jagdgebiet der Gemeinde umfaßt 314 Hektar 07 Ar 91 Quadratmeter und ist gegenwärtig an Josef Kilian Nr.4 in Kettwa verpachtet. Die Fluren führen folgende Namen: die Hofstatt, der Dunger, am Angerpann, am Letten, am Heckelberg, unter dem Berge, in der Kohla, am Schwarzberg, die Sumpfwiese, das Kleinwiesel, der alte Hau, die Liebmeßkirche, der Kannesplatz, im Heuschober, der See, das Rinnwiesel, der Säuanger (die Säuleiten), in der Lohe, der Kerzebühl, auf der Ebene, der Ziegenrück, das Oelwiesel, der Golgenwald, am Pragerhaus, der Trur, im Eiswasser, im Kunzerhau, am großen Stück, die Egerwiese, die Mühlleiten usw. In den 1880er Jahren wurde auf dem Liewaldfelde ein Kiesbruch aufgedeckt, der ein paar Jahre hindurch Quarz für die Massamühle in Klösterle lieferte.
Der Ort Kettwa mit seinen 54 Häusern (55 Nummern) und 277 Einwohnern siedelt auf den Abhängen und der Sohle des obstbaumreichen Trubachtales. Er besteht aus vier Teilen: der Statt, dem Bühl, dem Dorf und dem Mühlbach. Auf der Statt, die mit dem Bühl durch die im Jahre 1883 erbaute Bezirksstraße verbunden ist, sind die Gasthäuser „Zur Linde" (Rollinger) und des Josef Schaffer und die Kaufläden des Josef Rollinger und des Roman Frisch. Im Dorfe steht die kleine Ortskapelle zu Mariahilf (renoviert von der Gemeinde Kettwa im Jahre 1903 mit einem Kostenaufwand von 260 Kronen) und vor derselben die am 24. April 1879 anläßlich der silbernen Hochzeit Ihrer Majestäten gepflanzten Dorflinden.
Der alte Ortsweg leitet von hier über die Schmiedbrücke zum schmucken Schulgebäude und dann auf den Bühl.
Im Mühlbach erhebt sich die Mühle des Karl Höll. Zu ihr gehörte im Jahre 1572 eine Hube Feld und der vom Grundherrn Leonhard von Vitzthum verliehene Acker am „Hekelsberg". Besitzer war Martin Panner. Im Jahre 1649 zinste die Mühle 45 Strich 1 Viertel 2 Metzen Getreide und im Jahre 1806 elf Gulden im Baren und 32 Strich Metzgetreide (á 4 fl. gerechnet). Lange Jahre war das Müllergeschlecht der Reim hier Besitzer, bis endlich die Mühle im Jahre 1889 an Franziska Höll überging. Knapp bei der Eisenbahn, die 1870 gebaut und 1899 um ein zweites Schienenpaar vermehrt wurde, steht das Gasthaus „Zum Egertal" (Franz Köhler). Aus diesem Hause (Nr.37) stammt Josef Fürst, der Archivdiener im österreichischen Reichsrate in Wien war und im Jahre 1890 mit dem silbernen Verdienstkreuze ausgezeichnet wurde.
Die Geschichte von Kettwa reicht in eine sehr frühe Zeit zurück und ein geheimnisvolles Dunkel, ein ganzer Sagenkreis umgibt den Schwarzberg. Der Name Kettwa (Kotwina = Anker) deutet auf eine Haltestelle an der Eger, und zwar schon in jener Zeit, als die gerufenen Niederländer der Wotscher Propstei das Holz zum Mutterkloster nach Postelberg flößten (1121). Auch der Frankensteig, der die Handelsverbindung zwischen Prag und Erfurt herstellte, berührte den Ort, der im Jahre 1460 zum benachbarten Schlosse Egerberg gehörte. Der Vollständigkeit halber sei hier kurz die Geschichte dieser Burg, die bereits im Jahre 1910 in der „Kaadner Zeitung" erschien, wiedergegeben.

„In dem schönen Lande Böheim,
Unweit von dem felsenreichen
Wildromant´schen Tal der Eger,
Deren Wellen, munter miteinander
Plaudernd, rasch gen Kaaden
Steuern, liegt auf waldgekrönter
Höhe, trotzig niederblickend;
Schmuck und stattlich eine Veste."
Karl W. Gawalowski


ettwa, Ein Teil vom Ortsteil Stoot (Mai 2000)

Das Schloß Egerberg wurde um das Jahr 1241 von den Herren Egerberg erbaut, ging um die Mitte des 14. Jahrhunderts an die Herren von Schönburg, 1386 an Heinrich von Skopek auf Dauba, 1411 an Nikolaus von Prag und 1422 an Wend von Ilburg über. Dieser wurde am Pfingstsamstage des Jahres 1444 von seinem Nachbar Wilhelm von Schönburg auf Schönburg überfallen, gefangen und in den Turm geworfen, wo er bei einem Bündel Heu und einem Kruge Wasser verhungern mußte. Wilhelm von Schönburg eignete sich Egerburg an und verkaufte es im Jahre 1448 an den berüchtigten Jakob von Wrzessowitz, der aber den unrechtmäßigen Besitz dem Botho von Ilburg im Jahre 1457 zurückgeben mußte, worauf dieser Egerberg im Jahre 1460 an Bosso von Vitzthum abtrat. Dietrich und Georg von Vitzthum verkauften am 26. Jänner 1557 das Gut an ihren Schwager Bohuslaw Felix von Lobkowitz und dessen Sohn Bohuslaw Joachim von Lobkowitz ließ das Schloß mit allem Zubehör an Leonhard Stampach von Stampach gelangen (1591). Dieser kaufte 1598 auch das Schloß Felixburg, zog mit seinem Amtspersonale nach Roschwitz und überließ Egerberg seinem Verfalle.
Am 17. Jänner 1460 bekennt Botho von Ilburg vor den Beamten der Hoflehentafel, daß er mit Bewilligung des Königs Georg von Böhmen sein erbliches Lehen, das Schloß Egerberg mit den Dörfern Rassowieze (Roschwitz), Kotwiny (Kettwa), Wozlowieze (Woslowitz) usw. dem Bosso von Vitzthum und seinen Erben um 2350 Schock Groschen verkauft und abgetreten habe.
Nach dem Urbarium der Herrschaft und des Amtes Egerberg (1572) hatte Kettwa 11 Angesessene mit 10¾ Huben Feld,
die zusammen 18 Schock 12 Groschen 7½ Denar, 6 Hennen und 1 Truthahn zinsten, 67 Tagwerke in der Ernte, 26 Tage zur Heumahd, 13 Tage im Weingarten und 13 Tage im Hopfengarten Robot leisten mußten, und nach dem Urbar vom Jahre 1649 zählte Kettwa 9 Bauern, 3 Gärtner und 1 Häusler. Die Mühle mußte 45 Strich 1 Viertel 2 Metzen Getreide als Jahreszins abführen.
Eine weitere Wächterburg an der Eger, die Burg Kleinstein, liegt auf dem Abhang des Rabenstein. südlich von Kettwa. Dort sind allerdings nur noch Mauerreste zu finden.
Von den späteren Ereignissen in der Gemeinde seien hier erwähnt: Das Jahr 1845 war ein merkwürdiges. Am 19. März schob man zu Kaaden auf dem Eise Kegel und belustigte sich noch auf verschiedene Weise. Erst am 28. März ging das Eis. Zehn Jahre später (1855) war der Eisgang am 25. März. Am 17. August 1860 überschwemmte, wie schon oben erwähnt, der Ortsbach das Tal, riß zwei Häuser weg und ertränkte 5 Personen. Im Jahre 1865 ging das Eis erst am 6. April. Volle 12 Wochen war großer Schnee und gute Schlittenbahn. Die größte Kälte herrschte im Monat März.
Auch im Jahre 1868 war sehr großes Wasser, das jedoch keinen Schaden anrichtete. Dagegen wütete im Dezember d. J. ein furchtbarer Sturm, der Häuser und Scheunen abdeckte und viele Bäume umbrach.
Im Jahre 1876 wurde die Ortsgemeinde Kettwa auf ihr Ansuchen aus dem Verbande der politischen Gemeinde Klösterle entlassen, um fortan eine selbständige Gemeinde zu bilden. Der erste Gemeindevorsteher war Johann Unger, Schneidermeister und Besitzer des Hauses Nr. 14.
Am 28. August 1880 nachmittags brannte die Scheuer der Frau Theresia Höll Nr. 5 ab. Seit Menschengedenken der erste Brandschaden in Kettwa. Bei der Löschung beteiligten sich die Ortsbewohner mit der neuen Feuerspritze und die herbeigeeilte freiwillige Feuerwehr Klösterle.
Zwei Jahre später, am 20. April 1882, nachmittags halb 4 Uhr brach in der dem Karl Frisch Nr. 10 gehörigen Holzscheuer Feuer aus, das sich rasch verbreitete und die nahestehenden Häuser des Josef Kilian Nr. 8, Josef Schaffer Nr. 6, Karl Felber Nr. 7 und Karl Frisch Nr. 10 verzehrte. Nur das diesem gehörige, mit Ziegeln gedeckte und steingemauerte Ausgedinghaus blieb verschont. Die Verhütung eines größeren Schadens hatte man dem günstigen Luftzuge, dem Einschreiten der Feuerwehr Klösterle, sowie den Bemühungen der Ortsbewohner zu verdanken. Zur Milderung des Unglückes wurde allseitig, auch von auswärts, durch Naturalgaben und Leistung von Zufuhren beigetragen.
Die Winter der Jahre 1882, 1883 und 1884 waren ausnehmend mild, so daß die Eger bei Kettwa gar nicht zugefroren war; auch gab es keine Schlittenbahn. In diesen Jahren (1882, 1883 und 1884) hat die Gemeinde eine Straße von der Roschwitzer bis zur Woslowitzer Grenze in einer Länge von 4300 m erbaut, die 1910 in die Bezirksverwaltung übernommen wurde.
Das Jahr 1885 war außerordentlich dürr; ein einziger ausgiebiger, aber mit Hagelwetter verbundener Regen befruchtete den dürren Boden. Der Hagel verursachte hier weniger Schaden, desto mehr aber bei Spinnelsdorf und Merzdorf. Auch diesmal brauste der Bach nach dem kurzandauernden Gewitter mit donnerähnlichem Gepolter durch das Dorf, trat bei Nr. 15 über das Ufer und brachte zentnerschwere Steine in seinem Bette zum Rollen. Der Schaden beschränkte sich bloß auf Beschädigung einiger neben dem Bache führenden Wege.
Die Winter 1885 - 86 und 1886 - 87 waren strenge und anhaltend. Im Sommer des Jahres 1886 hat es in Kettwa zweimal gehagelt, und zwar Ende Mai und Mitte Juli und obzwar die Ernte nicht vollständig vernichtet wurde wie in den Ortschaften Töltsch, Horn usw., so war der verursachte Schaden doch ein beträchtlicher.
Im Frühlinge 1887 hat es bei großer Kühle zumeist geregnet, so daß die Frühjahrssaaten sehr spät untergebracht werden konnten. Anfangs Juli trat anhaltende Dürre ein, die nur durch die beideen Regen am 18. August und 9. Oktober unterbrochen wurde. Die ungewöhnliche Sommerhitze hatte die Wiesen ganz ausgebrannt. Es gab kein Grummet, kein Obst und die Hutweiden konnten nicht benützt werden.
Der Winter 1887 - 88 war ein anhaltend strenger. Im Erzgebirge war mehrere Wochen hindurch der Eisenbahnverkehr durch Schneemassen gestört. Im Sommer 1888 herrschte große Nässe. Die Fruchtbarkeit war eine mittelmäßige. Obst gab es nach zweijähriger Unterbrechung wieder einmal außerordentlich viel.
Infolge der im November 1890 im Böhmerwalde und Fichtelgebirge niedergegangenen Wolkenbrüche richtete das Hochwasser in Karlsbad und anderen Orten bedeutenden Schaden an. Auch in Kettwa stieg die Eger 4 Meter über den gewöhnlichen Stand und der Überführer mußte mit den Seinen aus dem am jenseitigen Ufer gelegenen Wohnhäuschen flüchten. Der hohen Ufergelände wegen richtete das Hochwasser in der Gemeinde keinen weiteren Schaden an.
Im Jahre 1891 wurde der auf Kettwa entfallende Teil (849 m) der Grüner subventionierten Gemeindestraße gebaut und im Dezember übernommen. In demselben Jahre, am 3. März, war der schon oben erwähnte, große, verheerende Eisgang.
Auf einen milden Winter folgte 1892 ein trockener Frühling. Dagegen schneite es zu Ostern (17. April) und der Schnee blieb auch länger liegen. Ebenso fiel Schnee am 1. Mai.
1893 herrschte in ganz Nordböhmen große Dürre. Sämtliches Sommergetreide mißriet und die Wiesen waren von der Sommerhitze ausgebrannt. Bei der herrschenden Futternot mußte das Vieh um ein Drittel seines früheren Wertes von den Landleuten verkauft werden.
Der darauf folgende Winter 1893 - 94 war sehr mild und im Frühlinge 1894 entwickelte sich die Vegetation ungemein zeitlich; im Monate April hatten sämtliche Obstbäume abgeblüht. Am 12. April ging über Klösterle ein starkes Gewitter mit Hagelschlag nieder. Der Blitz schlug mehrfach ein und tötete den Arbeiter Schaffer in der Arbeiterkaserne bei der Porzellanfabrik. Am 16. Jänner 1902 vernichtete ein Orkan einen großen Teil der Holzbestände des Schwarzberges.
Im Jahre 1904 herrschte eine große Dürre im Lande und es trat Mißwachs ein. Das Wasser in den Bächen und in der Eger war stark zurückgegangen. Auf der Elbe hörte die Schiffahrt auf und bei Tetschen ragte der Hungerstein aus dem Wasser
Am 5. Juli 1905 war an mehreren Orten des Liesengebirges ein schweres Gewitter mit heftig     niederströmendem Regen niedergegangen, das besonders in Kettwa großen Schaden verursachte. Der hochgehende Bach riß die Ufermauern weg, vernichtete den Fahrweg, daß derselbe unkenntlich war, und lagerte Gerölle und Steine ab.
Im Feber 1906 verunglückte im Schwarzberge beim Heimfahren von Zaunstangen der Maurerpolier Franz Schrödl aus Kettwa.
Der Winter 1906 - 07 zeichnete sich durch vielen Schnee und große Kälte aus. Vom 21. bis 27. März war der Eisenbahnverkehr im Erzgebirge unterbrochen.
Am 1. Juli 1907, von ¾ 6 bis 6 Uhr abends fielen Schlossen in der Größe von Taubeneiern.
Am 19. Juli 1908 richtete ein Hagelschlag an den Fluren großen Schaden an.
Das Jahr 1909 stand im Zeichen der Teuerung. Auf ein nasses Frühjahr folgte ein kalter, trockener Sommer. Die Heu- und Kleernte war schlecht; das Futter stieg im Preise, dann das Vieh, endlich alle Lebensmittel. Unter den Kartoffeln gab es viele faule.
Im Jahre 1911 herrschte von anfangs Juni bis in den Herbst eine große Dürre, und das Jahr 1912 brachte viel Nässe.
Die Eisenbahn hat schon viele Opfer gefordert. Im heurigen Jahre 1913 wurde am 21. Jänner der Bahnrichter Hugo Keckstein und am 16. Juli der Hilfswächter Anton Kühnl, beide aus Kettwa, überfahren.

Kettwa, Ortsteil Dorf (Mai 2000)

Kettwa, Ortsteil Bühl (Mai 2000)
Seit dem Sommer 1910 weilt in Kettwa während der Sommerferien Professor Richard Müller, Lehrer an der königl. Akademie für bildende Künste in Dresden. Der berühmte Maler, Zeichner und Radierer wurde am 28. Juli 1874 im Herrenhause neben der Fabrik in Tschirnitz geboren, wo sein Vater Oberwebmeister war. Er besuchte bis zum 13. Jahre die Schule in Pürstein und übersiedelte dann auf 1 Jahr nach Markneukirchen im Vogtlande. Von hier ging er 1½ Jahre an die Zeichenschule der königl. Porzellanmanufaktur in Meißen und besuchte dann durch 2 Jahre die königl. Kunstakademie in Dresden. Mit 17½ Jahren verließ er den Malsaal und bildete sich selbst fort. Seine Modelle suchte er sich unter den Männern und Frauen des städtischen Versorghauses in Dresden aus. 21 Jahre alt, bewarb er sich um den Rompreis (6000 Mark) und erhielt ihn auf seine Radierung „Adam und Eva". Nun stand ihm die Welt offen und er bereiste die Schweiz, Italien und Frankreich. Mit 24 Jahren entstand das Bild „Die Nonne" (in der Dresdner Bildergalerie), das in Dresden und Paris mit der großen goldenen Medaille ausgezeichnet wurde. Zu dem Kopfe dieses Ölgemäldes stand seine Schwester Frieda Modell. Mit 25 Jahren erhielt er die Professur an der königl. Kunstakademie in Dresden und zur selben Zeit auch einen Ruf an die Berliner königl. Kunstakademie. Im Jahre 1904 wurde er von der Allgemeinen deutschen Kunstgenossenschaft für Österreich und Deutschland als Jurior zur Weltausstellung nach St. Louis entsandt. Dort sollte er den großen Preis erhalten auf das Bild „Mann mit der Pelzmütze", welches sich jetzt in der Prager modernen Galerie befindet, mußte aber als Preisrichter verzichten. Inzwischen erhielt er einen zweiten Ruf nach Berlin und auch einen solchen nach Buffalo in den Vereinigten Staaten, lehnte jedoch ab. Im Jahre 1912 wurde ihm in Wien die Große goldene Staatsmedaille für Österreich verliehen. Mit 26 Jahren vermählte er sich mit der berühmten Liedersängerin Lillian Sanderson aus Amerika und wohnt gegenwärtig im bekannten Ludwig Richterhaus in Loschwitz bei Dresden.
Während seines Aufenthaltes in Kettwa entstanden die Ölbilder: „Turmfalke mit Feldmaus", „Ruhender Rauhfußbussard" und Ganymed"; ferner die Zeichnungen: Ruine Schönburg (im Besitze des Fürsten Schönburg-Waldenburg und des Minister Graf Vitzthum von Eckstädt), Ruine Egerberg, Ruine Hassenstein, die Massamühle bei Klösterle, die Ziegelhütte bei Tschirnitz, die Geigenmühle, das Kalkwerk in Rödling-Weigensdorf usw.
Lebensbilder des berühmten Meisters haben bereits entworfen: Eris Haenel aus Dresden im Jännerhefte 1913 „Die Kunstwelt" und Arthur Dobsky aus Stuttgart im 30. Hefte 1913 von Reklams Universum. Haenel schreibt: „Man könnte Richard Müllers Kunst einen mit Form und Farbe zweidimensional tätigen Pragmatismus nennen. Ich sehe schon das glückliche Lachen auf seinem Gesicht, wenn ich ihm diese wuchtige Formulierung wiederhole. Denn er ist kein Mann begrifflicher Auseinandersetzungen und die Ziele seiner künstlerischen Anschauungsart würden in seinem Munde in wenigen Worten sich ausdrücken: zeichne und male was du siehst, so einfach, aber besonders so richtig, wie es nur irgend möglich ist! Aber in dem kleinen „Was du siehst" - da liegt der Haken, an dem halt eines jeden künstlerischer Mantelsack anders hängt. Denn wo der normale Beobachter vor der Natur den Stift sinken läßt, in der Meinung, er habe nun alles herausgeholt, was an Hebungen und Senkungen, an Verschiebungen und Kreuzungen, an Schatten und Halbschatten, Helligkeiten und Glanzlichtern in dem betreffenden Stück Baumrinde oder Steinblock oder Unterarm oder Wolkenballen sich zusammengefunden und zu einem Bilde verschmolzen ist, da fängt Richard Müllers Arbeit in der Regel erst an. Man sehe sich daraufhin einzelne seiner gezeichneten Studien an, wie den merkwürdig bedeutend, halb wie ein Ordinarius der Logik und halb wie ein Oberhofprediger ausschauenden „Sieland", einen Greisenkopf von mächtigen Formen, die Spielerei des Menschenweibes mit dem widerborstigen Hummer oder den mehrfach wiederholten, liegenden Frauenakt. In dem alten Hause der Akademie wird umgeräumt. Zwischen zwei riesigen Schränken findet man den Kadaver einer Katze, die hier einmal im allzutollen Jagdeifer sich verirrt, und vielleicht betäubt oder verletzt, unfähig, denAusweg zu finden, elend verhungert. Richard Müller hängt sich das hautüberspannte Gerippe des Unglücksviehs in seinem Atelier auf und vertieft sich mit einer Andacht in das groteske Linienspiel dieses unheimlichen Zeugen irdischer Vergänglichkeit, wie ein ekstatischer Priester in die Worte des Evangeliums. Und unter seinen Händen entsteht dieses merkwürdige Blatt und der Ausdruck des gequälten, entstellten Fleisches wächst zu einer fast satanischen Monumentalität. So wird aus dem Naturalismus, dem das Formenspiel der optisch faßbaren Wirklichkeit seine letzten Heimlichkeiten offenbart, schließlich doch der besondere Persönlichkeitsstil, den man mit Schlagworten, wie „gezeichnete Photographie", vergeblich abzutun sich bemüht. In der mächtigen Mappe mit reproduzierten Zeichnungen, die der Künstler vor Jahresfrist herausgegeben hat, liegen neben Blättern, deren Detailreichtum die Grenze des mit Stift und Kohle Darstellbaren überwinden scheint, so frei und groß gesehene Arbeiten, wie der Elefant und das Cochinchinahuhn. Und wer Augen hat, zu sehen, der merkt wohl, daß diese grandiose Ruhe, diese suggestive Wahrscheinlichkeit des Konturs nur dem erreichbar ist, der das Reich der kleinen Naturformen meistert und der zwischen Auge und Hand auch die letzte Hemmung zu überwinden gelernt hat.
Das Werk, das dem Fünfundzwanzigjährigen die Pforten der Gemäldegalerie erschloß, ließ noch ein anders Zweiglein an dem jungen Baume seines Ruhmes ersprießen: die große goldene Medaille der Ausstellung. Schon vorher hatte er das große Reisestipendium der Akademie erhalten und für eine graphische Arbeit, den Stich „Adam und Eva". Nur ein Jahr hatte der rastlos Fleißige gebraucht, um in die Technik dieser spröden Kunst einzudringen, und auch hier wieder durfte der Autodidakt über manchen alterprobten Praktiker den Sieg davontragen. So war es kein Wunder, daß die Akademie die erste Gelegenheit benützte, den jetzt als Könner allgemein Anerkannten auch als Lehrer zu gewinnen. Seit dem Jahre 1900 ist Richard Müller Mitglied ihres Professorenkollegiums, und aus seiner Zeichenklasse ist schon mancher Künstler hervorgegangen, der an Jahren dem Lehrer kaum nachstehend, heute einen ehrenvollen Platz in den Reihen der Zeichner und Graphiker der Gegenwart einnimmt. Inzwischen hat man sich auch in Böhmen des jenseits der schwarzgelben Grenzpfähle großgewordenen Meisters wieder erinnert; die „moderne Galerie" in Prag besitzt in dem „Mann mit der Pelzmütze" eines der bedeutendsten Bilder Richard Müllers, ein wahres Wunderwerk eindringlichster Naturwiedergabe. Den Stoffkreis des Künstlers konnte man in den letzten Jahren sich immer mehr erweitern sehen. Auf der Dresdner Kunstausstellung des Jahres 1908 war u. a. ein außerordentlich fesselnder „David", ein kraftvoll herber „Toter Christus", eine eigentlich schwerblütig personifizierte „Nacht" und eine Szene „Im Atelier" zu sehen, die voll heimlichen Humors und trockener Ironie steckte. Eine „Danae" bedeutete einen kühnen Vorstoß in das Reich der Aktmalerei und in seinem Atelier geht ein „Cruzifixus" der Vollendung entgegen, der neben der sorgsamen Durchbildung des Malerischen - auch etwas von der innerlichen Großheit besitzt, die dieses Bildmotiv in der Auffassung der Meister aus der Dürer- und Holbeinzeit oft gewann. Und man darf gewiß sein, daß das innere Wachstum, welches man bei dem unumstrittenen Herrscher über die Mittel der zeichnerischen und malerischen Darstellung anfangs manchmal glaubte vermissen zu müssen, ihn immer weiter tragen wird. Das Beste seiner Kunst ist zugleich eine der vornehmsten Gaben deutschen Wesens überhaupt: der Drang, eine Sache um ihrer selbst willen zu tun."
Von den vielen anderen Zeichnungen des großen Künstlers seien noch erwähnt: „Das junge Genie", „Mein Quick", „Schlange mit Frosch", „Beim Präparator Schwarze", „Junge Amsel", „Die Stüblallee", „Der Bogenschütz", „Wunder der Dressur", „Alpdrücken" usw.
Außerdem kopierte Professor Müller die Werke alter Meister in so großartiger Weise, daß die Kopien die Bewunderung aller Kenner erregten, die sie als „wahre und echte Kunstwerke" einschätzten.
Trotz seiner Größe bleibt doch stets Professor Müller seiner schlichten Heimat, der Stätte seiner Jugend, eingedenk. Er hält es mit seinem berühmten Landsmann Dr. Stamm aus Orpus: „Die Heimatliebe ist der größte Segen der Menschheit."
Kettwa, Ortsteil Mühlbach von der Egerwiese
aus gesehen in den 1930er Jahren

Kettwa, Ortsteil Stoot in Richtung Schönburg

Haltestelle der Eisenbahn Karlsbad- Komotau
in Kettwa in den 1930er Jahren
Gasthaus "Zum Egertal" in den 1930er Jahren
Die Kapelle von Kettwa nach 1945 vor ihrer völligen Zerstörung

 
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