Wistritz
1283 - 1970
(Bistrice)
von Zdena Binterova,
Übersetzung Gerhard Stübiger
Der Ort lag am Fuße einer Anhöhe 2 km NNO von Kaaden / Kadan auf einer Seehöhe von 305 m. Die Ortschaft umfloss der Brunnersdorfer Bach, früher auch Wistritz-Bach genannt, wonach die Ansiedlung auch ihren Namen erhielt. Es war dies eine ursprünglich slawische Ansiedlung, im 13. Jahrhundert mit deutschem Namen versehen, z. Zt. da sie Besitztum des Zisterzienserklosters in Waldsassen geworden war. Vor dem Jahre 1283, da die erste Nachricht über Wistritz bekannt ist, hat sie der Konvent dem Filialkloster in Grünhain in Sachsen verkauft oder abgetreten. Dieser errichtete in Wistritz ein Verwaltungszentrum des gesamten neuen Besitzes in Böhmen.
Eine Kirche gab es in Wistritz schon in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als an Zehent dem Papste nur 6 Groschen gezahlt wurden und die Kirche zu den ärmsten der Gegend gehörte. Im Jahre 1421 war sie wahrscheinlich durch die Hussiten zerstört worden, weil aus den Jahren 1466 - 1496 Aufzeichnungen über Spenden der Kaadener Bürger existieren, die für den Bau einer Kirche in Wistritz bestimmt waren.
Diese stand auf einem Felsenvorsprung oberhalb des Dorfes und bestand aus einem spätgotischen Presbyterium aus der Zeit um das Jahr 1520 und einem renaissancen Kirchenschiff. Man kann annehmen dass die Kirche in der Zeit der Spätgotik an der Stelle eines alten, vielleicht romanischen Kirchleins entstand. Schade nur, dass beim Untergang der Ortschaft nicht wenigstens die Zeit gefunden wurde, um mit einigen Sonden die Existenz alter Grundmauern zu bestätigen.
Auch nach Wistritz drang die Reformation vor - z. B. im Jahre 1572 lebten hier 22 Untertanen evangelischer Religion und auch eine Schule gab es dort. Nach der Schlacht am Weißen Berge wurde die Kirche wieder katholisch.
Der Grundriss des Dorfes zeugt von seiner frühfeudalen Herkunft, aus der Zeit da neben der romanischen Kirche noch ein Landedelmannssitz bestand. Das Dorf hatte früher keinen Dorfplatz, durch seine Mitte verlief der Weg nach Milsau. Der Dorfplatz entstand viel später durch den Abriss der Außenmauern des Landgutes.
Noch vor den Hussitenkriegen war in Wistritz eine Befestigung aufgebaut worden- sie stand südlich der Kirche zur Geburt der Jungfrau Maria. Das Grünhainer Kloster betrachtete ganz Wistritz als sein Eigentum, König Wenzel IV aber war anderer Meinung und verschrieb das Dorf im Jahre 1415 dem Vlášek aus Kaaden. Im Jahre 1454 war der Wistritzer Meierhof in den Händen der Hassensteiner von Lobkowitz und wurde durch die Burg Hassenstein verwaltet. Damals war die hiesige Veste einem Untertan verkauft worden. Der Abt des Klosters wollte aber das Anrecht auf Wistritz nicht aufgeben und prozessierte mit dem neuen Erwerber so lange, bis das Kloster im Jahre 1516 in Folge der Reformation einging. Das Eigentum des Klosters in Böhmen verfiel dann zu Gunsten der böhmischen Krone. Im Besitz des Gutes wechselten sich dann Albrecht Schlick, Bohuslav Felix von Lobkowitz und M. A. Doupovská von Údrc ab. Im Jahre 1586 war Linhart von Steinbach der landtäfelige, Nutznießer, der Wistritz im Jahre 1608 vom Kaiser kaufte. Nach der Schlacht am Weißen Berge war aber den Söhnen Linharts ihr Besitz für die Teilnahme an der Kommunion unter beider Gestalt konfisziert worden. Wistritz mit der Veste und dem Hofe kaufte dann Jaroslav Borita von Martinic und fügte es als Bestandteil zu seiner Herrschaft Hagensdorf - Brunnersdorf hinzu. Bestandteil des Großgrundbesitzes verblieb das Wistritzer Gut bis zum Jahre 1945.
Im Jahre 1654 lebten in Wistritz 2 Bauern, 12 Häusler und 1 Untertane bei der Gemeinde. Die Steuerrolle führte an, dass „dieses Dorf, schlecht erbaut, bei ihm Kornfelder und auch Weizen und Wiesen nur wenig... ". Im Jahre 1675 wird ein Meierhof erwähnt, mit größter Wahrscheinlichkeit an der Stelle der ehemaligen Veste errichtet. Im Jahre 1787 waren hier 26 Häuser und im Jahre 1846 schon 30. In der Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der alte Meierhof abgerissen und an seine Stelle wurde ein Gebäude eines Wirtschaftshofes im neugotischen Stil errichtet.
Im Jahre 1850 wurde Wistritz selbstständige Gemeinde, schon im Jahre 1869 wird die Gemeinde als Ansiedlung Brunnersdorfs genannt. Seit 1880 war sie wieder selbständige Gemeinde bis zur Gebietsreform im Jahre 1960, da der Ort ein Bestandteil Kaadens wurde. Der Ort hatte ländlichen Charakter. Der Großteil der Wohnhäuser waren in den 80. Jahren des 19. Jahrhunderts einstöckig, im Stockwerk mit Fachwerk versehen. Die Scheunen waren aus Holz. In den 90. Jahren des vorigen Jahrhunderts bauten die meisten Einwohner ihre Häuser um und die Fachwerkstockwerke sind fast verschwunden.
Die Einwohner waren vorwiegend deutscher Nationalität, erst im Jahre 1921 sind von 353 Einwohnern 12 Tschechen. Es gab dort eine zweiklassige deutsche Schule und Eigentümer des Gutes war der Fabrikant Emanuel Karsch. In der Nähe der Gemeinde arbeitete eine Ziegelei.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die deutsche Bevölkerung vertrieben und tschechische Neusiedler trafen ein.
Damals lebten in Wistritz 272 Einwohner. In den 70. Jahren näherten sich dem Dorfe die Kippen des Bergbaubetriebes Nástup und das definitive Ende der Ortschaft. Vor dem Untergang aber wurden die Marterln aus Wistritz vor die Kirche nach Strupcice/ Trupschitz übertragen.